Mein erstes DSAM Qualifikationsturnier: Endrunde knapp verpasst

Benjamin Moradi Kahlou

02.04.2023:

Schaut man sich meine DWZ-Karteikarte auf der Homepage des Deutsches Schachbundes an, dann ist nicht zu übersehen, dass ich seit gut einem Jahrzehnt, abgesehen vom Ligabetrieb und diversen Blitzturnieren, kein Schachturnier im klassischen Sinne mehr gespielt hatte.

 

Als mich dann Jannis auf das DSAM Qualifikationsturnier in Düsseldorf vom 24.03.2023 bis 26.03.2023 ansprach, war ich von der Idee angetan, mich im Turnierschach wieder zu versuchen.

 

Im Folgenden will ich mit euch meine Gedanken während meiner Partien teilen. Am Ende des Berichts findet ihr zu den jeweiligen Partien einen Link, die euch zum Durchspielen und Analysieren animieren sollen.

 

Bevor ich auf die einzelnen Partien näher eingehe, ein paar kurze Worte zur DSAM:

 

Die DSAM (Abkürzung für Deutsche Schach-Amateurmeisterschaft) wird mit sieben Qualifikationsturnieren und einem Finalturnier gespielt.

 

Die Spielerinnen und Spieler werden für das Qualifikationsturnier nach ihrer Spielstärke in DWZ-Gruppen eingeteilt. Jannis und ich spielten in Gruppe B bzw. der zweitstärksten Gruppe (DWZ: 1901-2100).

 

Grundsätzlich qualifizieren sich die ersten sieben Spieler der jeweiligen Gruppen für das Finalturnier. Das diesjährige Finalturnier findet in Braunschweig statt.

 

Der Gewinner/die Gewinnerin des Finalturniers darf sich in seiner/ihrer Gruppe „Deutscher Schach Amateuermeister 2023“ nennen.

 

Gespielt werden fünf Runden Schweizer System.

 

Der Zeitmodus sollte eine wesentliche Rolle spielen: Die Bedenkzeit beträgt nämlich für die ersten 40 Züge 90 Minuten. Nach der Zeitkontrolle erhält jeder Spieler 15 Minuten zusätzlich für alle noch verbleibenden Züge. Jeder Spieler erhält ab dem ersten Zug pro Zug 30 Sekunden zu seiner Bedenkzeit hinzugefügt.

 

Nun aber zu meinen Partien:

 

1.Partie:

 

In der ersten Partie eröffnete ich mit 1. e4 und mein Gegner erwiderte mit 1… c5, womit er die sizilianische Verteidigung einleitete.



Da ich davon ausging, dass mein Gegner Erfahrung mit dieser Struktur hatte, leitete ich die Moskauer-Variante ein, die Sizilianisch-Spieler nicht allzu häufig antreffen.



Nach 4… a6, spielte ich 5. Ld3.



Auf den ersten Blick sieht 5. Ld3 komisch aus. Ich versperre den Zentrumsbauer d2 und hindere meine Figuren an einer harmonischen Entwicklung. Wenn jedoch mein Gegner jetzt keine Züge machen dürfte, würde ich ein starkes Zentrum wie folgt aufbauen: c3-Lc2-d4. Danach würde ich mich um meine Figurenentwicklung kümmern.

 

Warum ich aber in der nachfolgenden Stellung nicht 8. De2 spielte (mein Bauer auf e4 ist zweimal angegriffen, aber nur einmal verteidigt!) und meinem Plan treu blieb, in der Zukunft Bauer d4 zu spielen, erschließt sich mir bis heute nicht.



Stattdessen spielte ich 8. d3.



Meine Gegner antwortete zum richtigen Zeitpunkt mit Bauer e5 und machte jegliches Bauer d4 für mich unattraktiv. Dennoch versuchte ich die Partie kompliziert zu halten und Angriff auf seinem Königsflügel zu generieren. Dafür musste ich aber Schwächen in meinem Lager in Kauf nehmen. Letztlich wehrte mein Gegenüber die Angriffe wohlüberlegt ab, und zwang mich durch einen Gegenangriff auf meine Schwächen zum Aufgeben.


2. Partie:

 

In der zweiten Partie sah ich mich dem Königsgambit konfrontiert.



Auch wenn das Königsgambit aus theoretischer Sicht keine vollwertige Eröffnung darstellt, hatte ich die Befürchtung, dass mein Gegner sich intensiv damit auseinandergesetzt hatte.

 

In der Vergangenheit hatte ich verschiedene Züge ausprobiert, um auf das Königsgambit zu reagieren. Dieses Mal entschied ich mich für 2… d5.



In der Folge zeigte sich, dass die Figuren meines Gegners, dank meines Bauern f4, nicht richtig zur Geltung kamen. Exemplarisch dazu dient folgende Stellung:



Ich hatte gerade 11… g5 gespielt, um meinen Bauer f4 zu decken. An sich kein vernünftiger Zug, weil mein König früh geöffnet wird, in der konkreten Stellung aber einfach gut. Übrigens: Sein Springer kann meinen Bauern g5 aufgrund taktischer Abwicklungen, die ihre Ursache in meiner besseren Figurenentwicklung haben, nicht schlagen.

 

Hiernach opferte mein Gegner einen Bauern, um sein Figurenspiel zu verbessern und meinen schwachen König anzuvisieren. Dies gelang ihm hingegen zu keinem Zeitpunkt. Es tauschten sich immer mehr Figuren ab und ich verblieb mit einem Bauern mehr übrig. Obwohl mein Gegner einen Freibauern im Zentrum schaffen konnte, geriet sein König in das Schussfeld meiner Figuren. Nachdem er zuerst die Qualität und danach den Freibauern verlor, gab er die Partie auf.

 

Selbstverständlich hätte ich an der ein oder anderen Stelle einen stärkeren Zug spielen können. Indes ist nicht außer Acht zu lassen, dass ich meinen Gegner auch auf der Uhr durchweg unter Druck setzte. Am Ende der Partie hatte mein Gegner fast keine Zeit mehr, ich hatte mit einer 3/4-Stunde noch nicht mal die Zeitkontrolle erreicht.


3. Partie:

 

Die 3. Partie zeichnete sich durch einen langwierigen Manövrierkampf aus.

 

Es bleibt mir ein Rätsel, warum sich mein Gegner nach langer Überlegungszeit in dieser Position zu 22… d4 entschied.



Meine Bauern am Königsflügel waren bereits weit vorangeschritten und es war absehbar, dass ich einen Angriff gegen seinen König starten wollte. Deshalb spielte ich sofort 23. e4. 



Nun gruppierte ich meine Figuren zu seinem Königsflügel hin und versuchte so wenig wie möglich Figuren abzutauschen. Denn jeder Figurenabtausch würde meinen zukünftigen Angriff abschwächen.

 

In der nachfolgenden Stellung spielte ich 32. Sg5.



Dieses Figurenopfer musste gut überlegt sein. Deshalb nahm ich mir ausnahmsweise länger Zeit, um die verschiedenen Varianten bis zum Ende durchzurechnen und die Endpositionen zu bewerten.

 

Mein Gegner hatte zu diesem Zeitpunkt der Partie bereits sehr viel Zeit verbraucht.

 

Dass ich in der Abfolge mindestens  einen Bauern gewinnen würde, hatte ich gesehen.

 

Mein Gegner schaffte es in der folgenden Stellung nicht seinen 40. Zug innerhalb der Zeitkontrolle auszuführen und verlor dementsprechend die Partie.



Auf jeden Fall hätte die vorangestellte Position eine interessante Partie versprochen. Der Computer schätzt sie trotz meines Mehrbauern als im Gleichgewicht ein.

 

4. Partie:

 

In der kurzen Vorbereitungszeit auf meinen Gegner in der 4. Runde hatte ich eine Variante in der Caro-Kann-Verteidigung gefunden, die er bereits in der Vergangenheit gespielt und ich vorbereitet hatte.

 

Aus diesem Grund steuerte ich diese Variante in der Partie an.

 

In der nachfolgenden Stellung einigen wir uns auf Remis.



Ich hatte gerade 14… Le7 gespielt und bot meinem Gegner Remis an. Mein Gegner erkannte, dass 14. c4 kein guter Zug gewesen war und er seinen Bauern auf d4 verlieren würde.

 

Die Position hätte nach meinem Bauerngewinn auf d4 so aussehen können:



Aufgrund meines fehlenden schwarzen Läufers schätzte ich meinen König als schwach ein und bot deswegen Remis an. Der Computer bestätigte meine Ansicht. Trotz eines Bauern mehr stehe ich nur leicht besser.

 

5. Partie:

 

Obgleich ich für die letzte Runde eine andere Variante der Englischen Eröffnung vorbereitet hatte, kannte ich mich mit dem Stellungstyp der vorliegenden Variante aus und hätte meinen Gegner früh zum Aufgeben zwingen können.

 

Diese Stellung ist schon bereits unglaublich schlecht für Schwarz.



Hätte ich einen Moment länger überlegt, hätte ich nicht reflexartig 14. Da4 gespielt, sondern 14. Sb5!!.

 

In der Folge gewann ich zwar einen Bauern, jedoch verbunden mit Komplikationen, die ich am Brett nicht bis zum Ende rechnen konnte.

 

Schlussendlich gelangten wir in diese Stellung.



Der Computer geht von einer ausgeglichen Stellung aus.

 

Mein Gegner fand aber nicht die richtigen Züge, sodass ich einen meiner Bauern im Zentrum definitiv zu einer Dame hätte umwandeln können.

 

 

3,5 Punkte aus 5 Partien hätten eigentlich für einen Qualifikationsplatz ausgereicht. Indes hatte ich die schlechtere Feinwertung und musste mich mit dem 11. Platz zufrieden geben.

 

Trotz meiner fehlenden Turniererfahrung, blicke ich aber auf ein erfolgreiches Turnier zurück und freue mich auf meine zukünftigen Turnierteilnahmen.



Link zu den Partien:


1. Runde


2. Runde


3. Runde


4. Runde


5. Runde


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